Theaterspiel als Schulfach an der St.-Hedwig-Grundschule

Eine Prinzessin, die unter die Räuber fällt - entsetzlich!? Nein! Eine Prinzessin, die unter die Räuber fällt – wunderbar!
Die Prinzessin in dem Theaterstück der Grundschule St.-Hedwig war begeistert, dass endlich einmal etwas los war. Endlich durfte sie mit den Fingern essen. Endlich durfte sie auf einem Bärenfell schlafen. Endlich durfte sie sich beim Toben schmutzig machen. Nur ihre Eltern, der König und die Königin waren entsetzt. Die Königin fiel fast in Ohnmacht, bei dem Gedanken an solch unschickliches Verhalten.

Jahr für Jahr studiert Jutta Hetterich mit ihrer Schultheatergruppe ein Stück ein, das dann in der alten Synagoge zuerst den Eltern und am nächsten Vormittag den Mitschülern aus den Klassen 2 bis 4 vorgeführt wird. Mit dem Chor, der von Eva-Maria Klöhr geleitet wird, sind dabei fast 50 Kinder im Einsatz. Jede Woche machen sich diese Kinder an einem zusätzlichen Nachmittag auf in die Schule. Während ihre Klassenkameraden schon längst im Schwimmbad oder auf dem Spielplatz sind, üben sie in der Schule oder lernen ihre Texte.

Theaterspielen als Schulfach, dafür gibt es viele gute Gründe, die Jutta Hetterich aufzählen kann. „Das Theaterspielen stärkt das Gemeinschaftsgefühl. Wir treffen uns jede Woche für eine Doppelstunde am Nachmittag. Im Laufe des Jahres werden die Theatrerkinder zu einer Gemeinschaft. Bei der Aufführung helfen sie sich dann gegenseitig und gönnen sich ihre Erfolge.“
„Gibt es da keine Rivalitäten mehr?“ Hetterich:„Nein, sie begreifen, dass das Ganze nur im gemeinsamen Zusammenwirken gut wird.“
„Wie passt das Theaterspiel in den übrigen Fächerkanon der Grundschule?“ Hetterich: „Unser Schulsystem muss sich oft dem Vorwurf stellen, es fördere und bewerte nur die kognitiven Seiten der Kinder. Beim Theaterspielen entdecken wir Lehrer und oft auch die Kinder selbst, welche Fähigkeiten noch in ihnen schlummern. Die Stücke entstehen mit den Kindern zusammen. So kann jeder seine Vorstellung von der eigenen Rolle mit hineinbringen. Und am Ende sind sie den Darstellern auf den Leib geschrieben.“
„Gibt es auch Konkurrenzkämpfe um einzelne Rollen?“ Hetterich: „Natürlich! Jedes Mädchen will die Prinzessin sein. Aber im Laufe der Proben entdecken die Kinder die Bedeutung der übrigen Rollen, und die Möglichkeiten einen Charakter darzustellen und auszubauen. Das wird von den Mitspielern auch anerkannt. Sie lernen, sich sachlich zu kritisieren und müssen auch lernen Kritik anzunehmen.“
„Es sind im Chor und in der Theatergruppe auch viele Kinder mit Migrationshintergrund.“ Hetterich: „ Gerade diese Kinder machen einen großen Fortschritt in ihrer sprachlichen Entwicklung. Sie lernen neue Wörter und ganz andere Sprachebenen kennen.“
„Dann hoffen wir, dass es auch im nächsten Schuljahr wieder eine Theatergruppe und am Ende des Schuljahres eine so gelungene Aufführung wie diese geben wird.“